2357. Sippung - Balladen, Moritaten, Spinnereien

Der erste Teil dieser Sippung stand unter dem Motto der Erziehung.

So ging es nach dem Abendlied gleich mit einem doppelten Eynritt los. Hintergrund war das Bestreben des Fungierenden Rt Kusen-Pien, den aus profanen Gründen selten anwesenden und vertretungsweise eingesprungenen Ceremonienmeister Rt Grünrock zu schulen. Dieser hatte aufgrund der ungenügenden Übung bei der Reihenfolge des Eynritts eine gewisse Unordnung zugelassen, so dass der Thron ihn aufforderte, den Eynritt nochmals korrekt vorzunehmen. Dies hat er dann glänzend erfüllt und die eyngerittenen Freunde ließen sich mit Freuden ein weiteres Mal bejubeln.

Nach dem fehlerfrei vorgetragenen Protokoll der letzten Sippung wurde nach dem NAP verlangt. Der frisch geschlagene Rt Jot-We-De trug als NAP etwas über weise, alte Männer vor, was mit der vergangenen Sippung nicht das geringste zu tun hatte. Dies führte zu einer Rüge durch den Fungierenden und bildete gleichzeitig eine treffliche Überleitung zu einem Dekretum des Thrones:

Da in der Vergangenheit häufig versäumt wurde, die vorgetragenen NAPs dem Reychsarchivar als Dokument zu übergeben, um der Nachwelt einen Eindruck des Gewesenen zu bewahren, wurde ein neues Ambt geschaffen, nämlich das des „NAP-Eintreibers“. Dieses Ambt wird automatisch an den Junker vom Dienst übertragen, der es aber im Falle drohender Überlastung auch innerhalb der Junkertafel weiter delegieren darf. Gekennzeichnet wird der „NAP-Eintreiber“ mit einer entsprechenden Ambtskette, die er vor Beginn der Sippung dem Kettenständer, wo diese in trauter Gemeinschaft mit den Ambtsketten des Thrones, des Junkermeisters usw. hängt, zu entnehmen und die Kette sichtbar zu tragen hat. Um der Vergesslichkeit der Junkertafel vorzubeugen, wurde das Dekret in einem speziellen Ständer auf die Junkertafel gestellt, um dort durch permanente Anwesenheit auf die Bedeutung dieser ausgesprochen wichtigen Aufgabe zu erinnern.

Die Maßregelei des Thrones ging aber noch weiter. Der Kn 154 wurde gemeinsam mit dem Junkermeister vor den Thron gerufen, wo Beiden zunächst der Dank für die Vorschläge hinsichtlich der Themen der Sippungsfolge der kommenden Winterung ausgesprochen wurde. Doch wo Licht ist, ist auch Schatten: Bei einem Themenvorschlag wurde der Vorwurf des Plagiats laut, ähnelte das Thema doch in erschreckender Weise einem Sippungsthema, welche die geliebte Mutter Berolina bereits in dieser Winterung geplant hat! Allen Erklärungsversuchen des Knappen zutrotz wurde der Junkermeister als Abschreckung für diesen Fehltritt seines Schutzbefohlenen mit einer Pöhn belegt. Dies sollte allerdings nicht die letzte des Abends für ihn sein....

Im zweiten Teil fungierte OK Rt Najut. Sippungsthema waren die Balladen, Moritaten und Spinnereien.

Den Auftakt machte Rt Teatralix, der die versammelte Sassenschaft mit einer frei(!) vorgetragenen Ballade zu beeindrucken wusste.

Nach Verkündung der Tatsache, dass der Pilger Dennis Senger zum Prüfling und somit zum präsumtiven Knappen 157 wird und er die Pilgermuschel gegen die Prüflingsmütze getauscht hat, trug der Rt Abt-Mala (2) die nicht ganz unbekannte Kurzfechsung „Der Taucher“ von Friedrich Schiller vor.

Der Vieledle, Rt Enerfex, betrat die Rostra und stellte fest: „Balladen und Moritaten sind meist nicht wahr, darum ist man gut beraten, sich daran nicht zu beteiligen als Kantzelar.“

Dann wurde es musikalisch. Jk Herbert schlug gemeinsam mit dem Kn 154 das Klangholz und sang dazu gleich drei Lieder: „Und es war noch ein Tanz“, ein Lied, in dem die Präferenzen von Frauen während des Tanzens beschrieben wurden, der Klassiker „Leben einzeln und frei“ von Hannes Wader und zum Abschluss das schlaraffisch optimierte „Heute hier, morgen dort, überall ein Uhuhort“. Bei der anschließenden Auszeichnung der beiden Barden mit dem Händedruck des Fungierenden und jeweils einem Ahnen, pries die fungierende Herrlichkeit einen besonders alten Ahnen an, den er an den Kn 154 übergab, woraufhin dieser sich mit der Begründung, dass seine alten Ahnen bereits alle ausgestorben seien, besonders freute.

Rt Pirouett berichtete von Freveltaten der Bremer Witwe und Serienmörderin Gesche Gottfried, die dereinst eine Vielzahl an Menschen in der Freien und Hansestadt dahingemeuchelt hat.

Nach so viel Schrecklichem sorgte Rt Najut für Aufheiterung und ließ das Reych mit Unterstützung von Rt Rostra-nie-nie am Clavizimbel den Klang „Ballade“ singen. Trotz anfänglicher Befürchtungen ob der Qualität des Gesanges wurde es ein fulminanter Klang, der allen Sassen gefallen hat.

Entgegen seiner sonstigen Gewohnheit verließ Rt Knight-Los bereits nach unter einer Minute die Rostra wieder. So kurz hat er selten gefechst.

Rt Con-Rad (281) berichtete in seiner Fechsung frei über die Folgen übertriebener Eifersucht; ein ausdrucksvoller Vortrag, der fast an starkdeutsch erinnerte.

Rt Siamicus erörterte unter dem Titel „Der Ritter und seine Rüstung“ von den Tücken eiserner Kleidung, zumal, wenn diese nicht aus rostfreiem Stahl hergestellt ist.

Rt Balcanus Bauchus (3) erörterte am Clavizimbel, wie wohl der Text der „Ode an die Freude“ vertont worden wäre, hätte es Beethoven nicht rechtzeitig geschafft, seine Töne in die richtige Reihenfolge zu bekommen. Angefangen von anderen Klassikern ging die musikalische Reise durch Schlager und fast vergessenen Nationalhymnen bis hin zu der Melodie von Macki Messer.

Kn 156 trug ein neuerliches Fundstück der Otto Bögeholz Sammlung vor: Aus dessen Berliner Zeit soll ein Gedicht in Berliner Mundart über Kuchen, Hunde und Urin stammen.

Den Beschliesser der Fechsungsliste machte der Gestrenge Rt Oh Komma: Seine Ballade „Des Sängers Fluch“, welche eindrucksvoll in Sächsisch frei vorgetragen wurde, entwickelte sich in Anlehnung an Beethoven zur Unvollendeten, da dem Gestrengen irgendwann die Worte fehlten.

Kurz vor der elften Stunde des Abends verklang dann das Sippungsschlusslied und eine ausgesprochen fröhliche und abwechslungsreiche Sippung ging zu Ende. Lulu